Jakobsweg: Von Zürich nach Salzburg - Abschnitt 1

von am Donnerstag, 17. August 2017
Liebe Belles und Beaus, liebe Pilgerfreunde

Am 28. Juli bin ich nach 20 Tagen Gehen, 3 Ländern, fast 500 Kilometern und unzähligen Regentropfen glücklich in Salzburg angekommen.

"Und, wie wars?", fragen mich viele nach solch einer Reise. Doch es fällt mir immer unglaublich schwer, darauf die passenden Worte zu finden. In drei Wochen passiert so viel, dass ich es nicht auf ein paar einfache Sätze reduzieren kann. Deshalb möchte ich euch mit Hilfe von kleinen Anekdoten, vielen Fotos und Videos, aber auch einfach praktischen Infos und Tipps einen kleinen Einblick in die für mich so aussergewöhnliche Zeit des Pilgerns geben.

Die diesjährige Strecke am Zürichsee entlang, über die Grenze nach Österreich und über den Arlberg, ins Tirol und schliesslich hoch nach Salzburg ist mir bereits durch viele Zugfahrten mit dem Railjet gut bekannt. Die Strecke ist unglaublich schön und sehr abwechslungsreich. Es gibt Seen, Berge und Täler, sowie grosse Städte und kleine Dörfer. Perfekt um Abstand vom Grossstadttrubel in Zürich zu gewinnen, sich in den Landschaften zu verlieren und eventuell wiederzufinden.

In diesem Beitrag möchte ich euch den ersten Abschnitt durch die Schweiz zeigen. Dieser gliederte sich in folgende fünf Etappen:

1. Zuhause (Zürich Stadt) - Wollerau: 33km 
2. Wollerau - Rapperswil: 10km
3. Rapperswil - Wattwil: 28km
4. Wattwil - Appenzell: 27km
5. Appenzell - Feldkirch: 24km


Jakobsweg durch die Schweiz (über Einsiedeln)

Vor der Abreise kann ich nur empfehlen, alle möglichen, angehäuften Arbeiten und Aufträge abzuschliessen, damit man keinen unnötigen, psychischen Ballast mit sich herumträgt. Und so startete ich nach einer verdammt kurzen, arbeitsreichen Nacht in alter Pilgertradition von meinem Zuhause aus in die Reise.

Von der eigenen Haustüre weg zu starten, hat eine besondere Bedeutung für mich. Auch wenn ich die Strecke und viele Momente mit anderen teile, so ist es doch mein ganz eigener Weg.
Ein Weg, den niemand anderes gehen kann. Simple Dinge wie Etappenlängen oder Unterkunftswahl sind genau so individuell, wie Erfahrungen oder der Anlass der Pilgerreise.
Was wäre also passender, also vom eigenen Zuhause aus zu starten?

"Gehe langsam, du kommst doch immer wieder nur zu dir selbst." - Orientalisches Sprichwort

Hätte ich dieses Sprichwort bereits vor ein paar Jahren gekannt, hätte es mit Sicherheit oft Verwendung in meinen Unterhaltungen gefunden. Nur zu gut erinnere ich mich daran, dass mir ein Pilger auf der Via Francigena an den Kopf geknallt hat: "Du machst nur 25 km am Tag? Du gehst ja überhaupt nicht an deine Grenzen! Du könntest viel mehr!". Diese Aussage wurde nur noch getoppt, als ich einen Tag vor Rom von einem anderen Pilger gesagt bekam: "Also für die Strecke hast du ganz schön lange gebraucht." Aussagen, die mich nachdenklich stimmen. Geht es denn nicht genau darum, den Weg auf seine eigene Weise zu gehen?



ÜBERNACHTUNGEN
Da das Übernachten in der Schweiz nicht ganz so einfach und sorglos ist wie in Spanien oder Italien, war mir bereits vom Pilgerweg "Via Francigena" bekannt. Da ich kein Zelt oder Matte mit mir herumtragen wollte und nur über ein begrenztes Budget verfügte, kümmerte ich mich bereits vor der Abreise um die meisten Übernachtungsmöglichkeiten. Dadurch ergab sich dann auch die Streckenplanung für die Schweiz.
Je nach Budget gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich eine Unterkunft zu suchen: spontan auf dem Weg, Pilgerherbergen, über Familie und Freunde, Couchsurfing, Jugendherbergen, Hostels und Hotels,...

Neben Familie, Freunde und Bekannten, welche einen erfahrungsgemäss immer besonders mit Essen und Schlafplatz verwöhnen, kann ich folgende zwei Unterkunftsarten empfehlen:

*Pilgerunterkünfte: die Pilgerherberge Rapperswil gibt jedes Jahr eine neue Liste mit Pilgerunterkünften in der Schweiz heraus. Diese könnt ihr hier downloaden. Es handelt sich dabei um Pilgerherbergen, private Unterkünfte, B&Bs, etc. welche unter 50 Franken kosten. Vorteile: Man findet Gleichgesinnte und hat gleich eine wunderbare Gesprächsbasis. Die Schlafmöglichkeiten sind meist einfach, gut und man hat alles, was man als Pilger_in so braucht.

*Couchsurfing: Die online Plattform ist eine schöne und persönliche Art, neue Leute kennen zu lernen. (Zudem tuts auch auch dem Pilgerbudget gut.) Aber denkt bitte daran, dass Couchsurfing nur funktionieren kann, wenn man selber auch etwas zurückgibt und selbst als Host Platz oder Zeit für die Surfer zur Verfügung stellt.

Private Unterkunft / Pilgerherberge Rapperswil
Fazenda Wattwil / Couchsurfing in Appenzell
Jugendherberge Feldkirch

Gerne möchte ich hier auf die Fazenda im Klösterli Wattwil hinweisen. Eine christliche, ursprünglich aus Brasilien stammende Glaubensgemeinschaft, welche im Klosterareal Menschen hilft aus Abhängigkeiten, Süchten und anderen schwierigen Lebensumständen zurück ins Leben zu finden. Für CHF 40 finden hier Pilger_innen ein schönes Plätzchen zum Schlafen, Essen, Verweilen und   Wäsche waschen . Von den Bewohnern, über die Leitung und die Geistlichen, bis hin zur Schmusekatze habe ich mich rundum willkommen und gut aufgehoben gefühlt.

Mein Weg führte mich zuerst am Zürichsee entlang. Begleitet wurde ich kurzentschlossen von meiner lieben Mitbewohnerin Marina. Die anfänglich angedachten 1-2 Stunden des Mitgehens verlängerte sie gleich mal auf zwei Tage und begleitete mich so bis nach Rapperswil. Dem Pilgerbann und meiner fesselnden Persönlichkeit kann sich einfach niemand entziehen.


Ab Rapperswil teilt sich der Jakobsweg in drei verschiedene Arme, welche nach Rorschach, Konstanz und ins deutsche Blumberg verlaufen. Geht man den üblichen Wegverlauf Richtung Spanien, stellt dies kein Problem dar. Wenn man aber wie ich in die entgegengesetzte Richtung wandert (und sich nicht richtig informiert), kann es passieren, dass man die falsche Abzweigung erwischt. Dies ist schliesslich auch prompt passiert und so spazierte ich mit meinem Wandergspändli Louis motiviert stundenlang den Wegweisern des Via Jacobi folgend Richtung Konstanz anstatt Wattwil. Es lohnt sich also, den Wegverlauf vorhergehend zu studieren!


WEGWEISER
In der Schweiz ist ein Grossteil der Wege ausgezeichnet mit der Zahl 4 der Via Jacobi ausgeschildert. Bei unklaren Passagen sind zudem oft weitere Zeichen wie Aufkleber oder Pfeile angebracht worden. Für den Streckenverlauf kann ich die App "GPS - Tracks" (für die Schweiz) oder die App "Bergtouren" von Ortovox (international) empfehlen. So muss man nicht ständig ein Pilgerbuch oder Zettel griffbereit halten, wird automatisch lokalisiert und spart etwas an Gewicht.


Auf dem Weg durch den östlichen Teil der Schweiz wurde mir klar, wie wenig ich das Land kenne, in welchem ich glücklicherweise geboren wurde. Ich mag es sehr, in der Schweiz zu leben und schätze das privilegierte Leben, welches ich hier führen darf. Und doch kenne ich noch viel zu wenige Ortschaften und suche mir meine Reisedestination meist in weit entfernten Ländern. Etwas, was ich unbedingt ändern sollte!
Wie viel es noch zu entdecken gibt zeigte mir beispielsweise die Stadt Appenzell. In meinem Kopf eine grössere, belebte Stadt, entpuppte sich der Ort als süsser, kleiner knapp 6000-Einwohner-Ort, in welchem sogar die Garagen aufgeräumter waren, als es meine Wohnung es je sein wird.


An meinem fünften Tag auf dem Schweizer Jakobsweg erreichte ich die österreichische Grenze. Da ich meine Unterkunft anstelle des vorgegebenen Wegpunktes in Rankweil auf die Ortschaft Feldkirch verlegt hatte, gönnte ich mir eine "kleine Abkürzung". Eigentlich sollte ich nach vier Pilgerwegen bereits klüger sein und den Wegweisern vertrauen, aber nichtsdestotrotz wählte ich den von Google Maps vorgeschlagenen Fussweg. Daraus resultiere ein einstündiger Umweg auf Beton, zwei Blasen und das Gehen im Regen.
Notiz an mich selber: in Österreich keine "Umwege" mehr einlegen, nur weil Google Maps es mir schmackhaft macht.

Ich in meiner natürlichen Umgebung - dem Maisfeld. ❥ Popcorn ❥
Du hast Fragen und Anmerkungen rund um meine Pilgerreisen? Dann hinterlasse mir einen Kommentar oder schreib eine Mail!


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