Liebe Kräuterfreunde
Wir übersehen so vieles im Alltag. Oft auch das, was sich unmittelbar vor uns befindet.
Aus Unachtsamkeit oder auch einfach, weil wir es nicht kennen.
Genau so verhält es sich auch mit Kräutern am Wegesrand. Zu Unrecht werden die Wildkräuter auch heute noch als Unkraut betitelt, obwohl die Kräuter auf verschiedenste Weisen nützlich und essbar sind.
Wildkräuter können heilen, stärken und schmecken. Sie können entweder direkt von der Wiese weg als Fingerfood verzehrt werden, oder dann zuhause als Tees, Suppen etc. zubereitet oder zu Naturkosmetik verarbeitet werden.
"Wer die Geschenke der Natur zu entdecken versteht, ist dem Glück auf der Spur." - unknown
SAMMELN
Beim Sammeln von Wildkräutern muss man diverse wichtige Punkte beachten:
- Das Erkennen: sehr viele Pflanzen haben giftige oder ungeniessbare Doppelgänger. Deshalb sollte man nur bekannte Pflanzen sammeln oder das Kräuterbestimmungsbuch mitnehmen. Aber Achtung: Diverse Wildpflanzenbücher zeigen die Pflanzen mit Blüten. Viele Naturkräuter schmecken jedoch nur bis kurz vor der Blüte. Das kann das Erkennen deutlich erschweren. Am besten geht man also mit einem Pflanzenkenner auf die Suche oder man besucht vorher einen Wildkräuterkurs!
- Zeitpunkt: Die Kräutern sollten vormittags an trockenen und sonnigen Tagen gesammelt werden.
- Ort: Nicht am Wegrand und auf gedüngten Felder sammeln. Dort sind die Pflanzen durch die Umwelt bereits verunreinigt. Sammelt man saubere Pflanzen, müssen sie nachher auch nicht gewaschen werden.
- Man sollte immer nur die Menge an Planzen sammeln, die man auch verarbeiten will.
- Je nach Jahreszeit und Ortschaft gibt es geschützte Arten, welche man nicht pflücken darf. Diesbezüglich muss man sich vorab über kantonales Recht informieren.
- Die Pflanzen sollten mit der Schere geschnitten werden und somit die Wurzeln intakt gelassen werden. Denn es ist wichtig, dass die nicht kultivierten Pflanzen erhalten werden.
- Die Ernte nicht in Plastiktüten, sondern in einem Korb oder Stoffbeutel transportieren.
AUFBEWAHREN
- Kräuter trocknen: Die Pflanzen sollten direkt nach der Ernte an einem schattigen, gut gelüfteten Ort hängend oder auf einem Sieb getrocknet werden.
- Kräuter aufbewahren: Grundsätzlich wird geraten, die Kräuter schnell frisch zu verarbeiten. Damit die Kräuter aber auch länger gut bleiben, sollten sie nach dem Trocknen in gut verschliessbaren, sterilen Behältern aufbewahrt werden. Die Kräuter können so bis zu 12 Monaten gelagert werden.
VERARBEITUNG
Im Wildkräuterkurs der Kräuterschnecken (Kräuterkundigen) in Bergheim kam ich in den Genuss, diverse Gerichte mit Wildkräutern verzehren zu dürfen. Gerne möchte ich euch hier jetzt einige Rezepte für heilsame Gerichte und wohltuende Essenzen, sowie allgemeine Infos zu verschiedenen Wildkräutern weitergeben.
Spitzwegerich - Plantago lanceolata
Der Spitzwegerich blüht im Mai bis September und ist auf trockenen Wiesen zu finden. Er wirkt unter anderem antibiotisch, reizlindernd, kühlend und abschwellend.
Die Pflanze ist eine der ältesten Heilpflanzen, welche durch das Auflegen Wunden heilt. Sie ist für Wanderer und Pilger besonders hilfreich, da die Blätter auf Insektenstiche, Wunden und Blasen gelegt werden können, um die Heilung voranzutreiben. Bei Insektenstiche einfach die Blätter in der Hand zerreiben und den Saft auf die betroffene Stelle geben.
Das Kraut eignet sich zudem auch als Hustentee (kalt aufgesetzt, dann aufgewärmt) oder als Bestandteil einer Kräutersuppe. Da die Blätter recht herb schmecken, empfiehlt sich eine zurückhaltende Dosierung. Die Knospen des Spitzwegerich schmecken übrigens leicht nussig und eignen sich deshalb perfekt als Salatbeigabe.
Rezept: Spitzwegerich-Thymian-Hustensirup
1/2l Wasser
250g Kandiszucker
1 Zitrone
3 handvoll Spitzwegerich Blätter
1 Stängel Thymian
Wasser und Zucker aufkochen, bis die Flüssigkeit klar ist, dann die Spitzwegerich Blätter, den Thymian und den Saft der Zitrone dazugeben und 10 Min. aufkochen lassen. Alles abseihen und in sterile, gut verschliessbare Flaschen abfüllen.
Brennessel - Urtica dioica (grosse Brennessel) / Urtica Urens (kleine Brennessel)Die Blätter der bekannten Brennessel können von März bis Oktober, die Wurzeln im Frühjahr und Herbst geerntet werden. Das Kraut wirkt entwässernd und blutreinigend und kann gut als Tee angesetzt werden. Zudem eignet sie sich auch für die Küche, da sie nicht bitter wird und als Spülung für glänzendes Haar.
Tipp: Um die Brennhaare zu entfernen einfach mit der Hand von unten den Stiel entlangfahren, damit diese abbrechen oder die Blätter aufkochen.
Rezept: Haarspülung
1 Hand voll frische Brennesselblätter
1/2 Liter Wasser
1/4 Liter Obstessig
Das heisse Wasser über die Blätter schützen und mindestens drei Stunden zugedeckt ziehen lassen. Das Wasser abgiessen und den Brennesselsud mit Essig mischen. Die Haare nach dem Duschen mit der Spülung besprühen und nicht auswaschen.
Löwenzahn - Taraxacum sect. Ruderalia
Die Blüten des Löwenzahns, in der Schweiz Söiblueme genannt, eignet sich in Kombination mit Zitrusfrüchten zur Herstellung eines honigähnlichen Sirups (französisch Cramaillotte genannt) als Brotaufstrich.
Die jungen Blätter des Löwenzahns kann man roh als Salat verwenden oder gedünstet zubereiten.
Die Bitterstoffe des Krauts sind leber- und nierenstärkend und wirken harntreibend.
Rezept: Löwenzahn Marmelade
400 Stück Löwenzahn Blüten
2l Wasser
2 Zitronen
2kg Zucker
Die Löwenzahn Blüten pflücken und unter fliessend Wasser abspülen. Alles in einen grossen Topf geben (3-4 Liter) und das Wasser, sowie dünn geschnittene Zitronenscheiben dazugeben. Das Ganze 15 Min. aufkochen und dann 24 Stunden ruhen lassen. Die Masse am nächsten Tag durch ein Plastiksieb oder Leinentuch drücken. In den dadurch gewonnenen Saft den Zucker geben und sirupartig einkochen. Dieser Vorgang kann bi zu 5h dauern, deshalb immer wieder gut umrühren! Letztlich die Marmelade noch heiss in gut verschliessbare Gläser füllen.
Pfefferminze - Mentha x piperita
Die Verwendung von Pfefferminze ist äusserst vielseitig. Viele Rezepte, besonders Desserts, Fleischgerichte und Cocktails nutzen die aromatischen Pfefferminzblätter als Gewürzkraut. Doch die Pflanze ist natürlich auch als Getränk und Heilkraut sehr beliebt.
Das Kraut wird beispielsweise in England gerne zu Fleischgerichten wie Lamm oder Roastbeaf serviert. In der arabischen und indischen Küche verleiht es Reis- und Blugurgerichten eine interessante Note. Die Blätter sollten stets frisch verspiesen werden, da sich gerebelte Blätter nur schlecht zur Verarbeitung eigenen und geschmacklich weit hinter den Frischen zurück liegen.
Das Geheimnis der Pflanze liegt im wichtigsten Wirkstoff Menthol, welcher erfrischt und gleichzeitig auch betäubt.
Rezept: Pfefferminz Tee
*für 1 Tasse
2TL getrocknetes Pfefferminzkraut
250ml heisses Wasser
Die getrocknete Pfefferminze mit heissem Wasser übergiessen und abgedeckt 6-8 Minuten ziehen lassen, bis die ätherischen Öle auf der Oberfläche gut sichtbar sind.
Gänseblümchen - bellis perennis
Das Gänseblümchen blüht von Februar bis November. Es ist uns allbekannt als kleines Orakel des "Liebt mich, liebt mich nicht, liebt mich,..."- Spiels, jedoch kann das Kraut noch viel mehr!
Das Gänseblümchen kann von Wurzel bis Blüte verzehrt werden. Die Köpfe schmecken leicht nussig-zitronig und können als Kapernersatz, sowie für Tees und Aufgüsse verwendet werden.
Rezept: Kapern aus Blütenknospen
*Dieses Rezept kann auch mit Löwenzahn Knospen gemacht werden
Marmeladenglas
Blütenknospen
Pfeffer
Wachholder
Essig
Für Kapern aus Blütenknospen sammelt man zuerst ein Marmeladenglas voll Blütenknospen. Diese werden anschliessend gewaschen und mit Essig einmal aufgekocht. Dann werden sie nach belieben gewürzt, empfehlen kann ich beispielsweise Pfeffer oder Wachholder. Zuletzt werden sie samt Essig zurück ins Glas gefüllt und man lässt sie für etwa 3 Wochen durchziehen.
Giersch - Aegopodium podagra
Der Giersch, auch "Spargel der Armen" genannt, zählt neben der Brennessel als eines unserer ältesten Wildgemüse. Es ist eine der vitaminreichsten Nahrungsergänzungen (Vitamin C, Kalzium, Magnesium, Carotin) und kann als Suppenwürze, in Aufläufen, als Pesto oder wie Spinat verwendet werden. Auch die Wurzlen, sogenannte Rhizome, dürfen verspiesen werden.
Rezept: Giersch-Pesto
100g Giersch
6 Knoblauchzehen
100g Parmesan
250ml Olivenöl
75g Pinienkerne oder Sonnenblumenkerne
Den Giersch waschen, trocken schütteln und von dickeren Stängeln befreien. Anschliessend die Pinienkerne anrösten und mit dem Knoblauch und dem Giersch fein hacken. Alle Zutaten in einer Schüssel mit dem Parmesan mischen und nach und nach Olivenöl unterrühren, bis alles gut vermengt ist. Das Pesto dann in ein gut verschliessbares, nicht zu grosses Glas geben und zur längeren Haltbarkeit mit Öl bedecken.
(Bei der Ernte möglichst kleine, frische Blätter ernten, da die grösseren bitter schmecken. Wer möchte, kann natürlich auch noch weitere Wildkräuter darunter mischen. Das Pesto enthält deshalb so viel Knoblauch und Parmesan, da Giersch einen würzigeren Eigengeschmack hat als Basilikum.)
"Ich habe ein paar Blumen für dich nicht gepflückt, um dir ihr Leben mitzubringen."
- Christian Morgenstern
Abbildungsverzeichnis Illustrationen:
Spitzwegerich: Flora Batava of Afbeelding en Beschrijving van Nederlandsche Gevassen, XVI. Deel. (1881)
Brennessel: Flora von Deutschland in Abbildungen nach der Natur, zweite umgearbeitete Auflage. 4. Band (1905)
Löwenzahn: Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, Gera, Germany (1885)
Pfefferminze: Franz Eugen Köhler, Köhler's Medizinal-Pflanzen
Gänseblümchen: Johann Georg Sturm (Painter- Jacob Sturm) - Figure from Deutschlands Flora in Abbildungen
Giersch: Otto Wilhelm Thomé - Prof. Dr. Thomé’s Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz in Wort und Bild für Schule und Haus. Band III. Mit 155 Tafeln in Farbendruck nach Originalzeiehnnngen von Walter Müller in Gera. Gera-Untermhaus. Verlag von Fr. Eugen Köhler. (1888)
Wildkräuterführung in Bergheim |