Jakobsweg: Von Zürich nach Salzburg - Abschnitt 3

von am Montag, 25. September 2017
Liebe Pilgerfreunde
Liebe Beaus & Belles

Ich habe euch bereits durch meine Vorbereitungen und über den Schweizer Jakobsweg bis über die Grenze ins Tirol mitgenommen und möchte euch in diesem Beitrag noch die letzten 200km meiner Pilgerreise nach Salzburg zeigen.
Karte via jakobswege-a.eu/

INNSBRUCK
Nach etwa zwei Dritteln der Strecke traf ich in Innsbruck ein, wo ich die ersten Pausentage meiner Reise einlegte. Einerseits, um mich ein bisschen auszuruhen und andererseits, um die Landeshauptstadt des Tirols zu besichtigen und um noch mehr Käsespätzle zu essen. Zudem wartete ich hier auf Marina, welche mich noch zwei Tage auf dem Weg begleitete.

Die erste Nacht verbrachte ich in der Pilgerherberge (Sillstrasse 2, 4 Plätze) und durfte dann einen Tag später ins zentral gelegene Hotel Weisses Kreuz, direkt beim Goldenen Dacherl, einziehen. Über den Wechsel in ein grösseres und vor allem helleres Zimmer war ich sehr froh, da ich grundsätzlich schon kein Fan von kleinen, dunklen Räumen bin. Und so fällt es mir auf Pilgerreisen immer besonders schwer, mich nach einem ganzen Tag unter freiem Himmel physisch und psychisch wieder einzuschränken.

Auch wenn ich an meinem freien Tag in Innsbruck ausnahmsweise hätte ausschlafen können, trieb mich die Gewohnheit früh morgens aus dem Haus. Die erste Station meiner City Tour führte mich zum schönen Dom zu St. Jakob mit seinen hochbarocken Deckenfresken und dem bekannten Gnadenbild "Maria Hilf" von Lucas Cranach. Neben der Kathedrale befindet sich übrigens die St. Jakob Dompfarre und Propstei (Domplatz Nr. 6), bei welcher man sich den Pilgerpass und anderen Pilgerkrimskrams wie Muscheln und Anstecker besorgen kann.

Danach führte mich mein Weg mit den Nordkettenbahnen direkt aus der Stadt heraus auf 2000 M.ü.M. Ein wahnsinns Gefühl, nach zwei Wochen Zu-Fuss-unterwegs-sein, innerhalb von nur 20 Minuten auf dem Gipfelkreuz Hafelekar zu stehen! Der Ausblick auf das Bergpanorama rund um Innsbruck war einer der eindrücklichsten Momente auf der ganzen Reise. Runter kommt man übrigens gemütlich zu Fuss, mit dem Mountain Bike oder man wählt wie ich wieder die bequemste Variante mit den Bergbahnen.
"Das Tal der Sorgen ist umgeben von Bergen des Glücks." - Erhard H. Bellermann

Innerhalb von nur zwei Tagen bin ich in Innsbruck von Pilgerin zur Touristin mutiert. Ich tanzte am New Orleans Festival, schlemmte Eis bei Tomaselli und genoss Käsespätzle im Stiftskeller. Ich kaufte Auf-dem-Weg-Verlorenes wieder und war sogar im Kino! Doch nach dem zweiten Tag in der Stadt merkte ich, wie sehr ich mich nach dem ganzen Grossstadttrubel auf das Weiterwandern in der ruhigen Natur freute.


ETAPPENPLANUNG
Tag 14. Innsbruck - Terfens: 24km
Tag 15. Terfens - Strass im Zillertal: 19km
Tag 16. Strass im Zillertal - Bruckhäusl: 30km
Tag 17. Bruckhäusl - St. Johann in Tirol: 31km
Tag 18. St. Johann in Tirol: Waidring (via Pillersee): 25km
Tag 19. Waidring - Lofer - Unken: 28km
Tag 20. Unken - Hinterreit: 22km
Tag 21. Hinterreit - Bergheim (Salzburg): 15km
Pilgerherberge Salzburg / Hotel Weisses Kreuz Innsbruck* / Plattnerhof Terfens
Hotel Post / Privatzimmerin Bruckhäusl / Cooee alpin Hotel 
Private Unterkunft Waidring / Landhotel Kirchenwirt Unken / Pension Lex Bad Reichenhall
Gasthof Fischachstub'n Bergheim*


*Folgende Unterkünfte wurden mir freundlicher Weise zur Verfügung gestellt

Eierautomaten & interessanter Türschmuck
Rattenberg - die kleinste Gemeinde Österreichs
Schlosspark Matzen

REGEN MACHT SCHÖN
Was man bei den bisherigen Fotografien und Erzählungen nicht wirklich mitgekriegt: nur insgesamt 3 von 20 Wandertagen waren regenfrei! Es regnete immer: meistens Nachmittags, oft morgens, aber ganz bestimmt immer dann, wenn ich mich an einem eigentlich aussichtsreichen Ort befand.
Dies hatte zur Folge, dass ich im Gegensatz zu meinen sonstigen Pilgerreisen kaum Wanderer kennenlernte. Zudem blieb ich dann an regnerischen Nachmittagen einfach gerne im Bett liegen, anstatt wie auf den bisherigen camini die Ortschaften auszukundschaften. "Gar nichts erlebt - auch schön", höre ich jetzt Goethe sagen. Denn so viel Schlaf und Ruhe gönne ich mir sonst selten.

"Nichts kann einem die Tür zu sich selber besser öffnen, als ein Spaziergang durch schlechtes Wetter." - Mark Twain

Die Kombination von Allein-Sein und Regen machte mir jedoch im Verlauf der Pilgerreise immer öfters zu schaffen und ich merkte, wie sehr ich den sozialen Austausch (und Sonnenschein) schätze.
So versuchte ich alle und jeden auf dem Weg anzusprechen und hoffte, dass sich jemand meiner erbarmt und ein paar Wörter mit mir wechselt. So war ich froh, als ich dann endlich nach zwei Wochen auf Daniel, den pilgernden Radiomoderator aus Wien, traf. Ich bin ihm heute noch dankbar, dass er mir auch noch nach seiner Rückkehr nach Wien mit Songs und Grüssen per Radio durch die Nässe half!



DER 25. JULI: JAKOBSTAG
Am 25. Juli wird der Jakobstag, der Gedenktag des Schutzpatrons Spaniens, gefeiert. Der Tag geht auf Jakobus den Älteren (span. Santiago) zurück, welcher mit seinem Bruder Johannes zu den erstberufenen Jüngern Jesu gehört. Er nimmt im Neuen Testament eine besondere Stellung ein, da Jesus ihn an besonderen Ereignissen, wie beispielsweise am Berg der Verklärung, teilhaben lässt. Eins der beliebtesten Pilgerziele ist Santiago de Compostela, wo die Gebeine von Jakobus liegen sollen. Ich feierte den diesjährigen Jakobstag auf meine ganz eigene Weise...

Die Strecke von St. Johann nach Waidring am 25. Juli war die reinste Genugtuung für Körper und Geist. Besonders, da der vorhergehende Tag einem kleinen Weltuntergang glich, als ich nach einem Sturz durchnässt, mit blutenden Knien und geschwollenem Knöchel in den Bus stieg.
Alles was ich am Tag zuvor vermisst hatte, holte ich an jenem Tag nach. Ich wanderte, als wäre der Teufel hinter mir her und die Kitzbüheler Alpen flitzen nur so an mir vorbei.
Das hohe Tempo von 6km/h hatte aber auch noch einen anderen Grund, denn an diesem Tag hatte ich einiges vor: ein begehbares Jakobskreuz besuchen, Stand Up Paddling auf dem Pillersee und eine Mountain Cart Bahn Abfahrt!

JAKOBSKEUREZ BUCHENSTEINWAND
Das moderne, monumentale Jakobskreuz, welches auf dem Gipfel der Buchensteinwand über das Pillerseetal wacht, ist mit seinen 29.6 Metern Höhe das grösste, begehbare Gipfelkreuz der Welt. Die Aussichts- und Ausstellungsräume in den vier Armen und die Panoramaplattform auf dem Dach bieten einen wunderschönen Ausblick über die bereits zurückgelegte und die noch vor einem liegende Strecke. Wer gerne noch etwas länger an diesem schönen Ort verweilen möchte, dem kann ich das Mittagessen im daneben gelegenen Alpgasthof Buchensteinwand empfehlen!



STAND UP PADDLING - PILLERSEE
Nach knapp einer Stunde Fussmarsch trudelte ich am Nachmittag des 25. Julis am Pillersee ein, um bei 14° Celsius und Regen das erste Mal Stand Up Paddling auszuprobieren. Mit Neoprenanzug ausgestattet stieg ich aufs Board und steuerte auf die Mitte des Sees zu. Der Eigentümer Danny Bulthé von Sup'n'Fun hatte mir nicht zuviel versprochen: das Gefühl, ganz alleine auf dem Board im See zu stehen, begleitet vom Rauschen des Regens, war in der Tat ein magischer Moment. Sich aus eigener Kraft langsam und gleichmässig durch die Landschaft bewegen und die Welt aus einem neuen Blickwinkel erkunden, da hat das Paddeln vieles mit dem Pilgern gemein! Es verbindet Mensch und Natur.


MOUNTAIN CART ABFAHRT OBERWEISSBACH
Als ganz anders, aber auch extremst gut erwies sich die Mountain Cart Abfahrt von Oberweissbach nach Waidring. Nach einer kurzen Käsespätzle-Stärkung im Gasthof Oberweissbach, wählte ich diese verlockende Art der Fortbewegung und sauste mit dem Cart in Höchstgeschwindigkeit Richtung Tagesziel Waidring.

Wenn dieser verrückte Tag mal nicht das moderne Pilgern im Jahre 2017 abbildet!
Beschränken sich die traditionellen Fortbewegungsmittel des Pilgerns auf Füsse, Pferde, Esel und seit längerem auch Velos, so plädiere ich nach diesem Tag dafür, diese Liste mit allen möglichen anderen Fortbewegungsmitteln zu erweitern!
Denn für mich gibt es genau eine richtige Art, wie man pilgern sollte: die eigene! Zu oft habe ich schon mitangesehen, wie Leute belächelt wurden, weil sie den Bus nahmen. Oder weil sie mit dem Schiff einen Abschnitt übersprungen haben. Oder den Rucksack vor, ans Tagesziel geschickt haben. Doch ist es nicht die eigene Freizeit, die man verbringen kann wie man es selber für richtig hält? Es gibt nicht den einen Pilgerweg. Jede_r macht den Weg in eigenem Tempo und auf die eigene Weise! Meine Devise lautet: Mach' das, was dir gut tut!


Kurz vor Salzburg überquerte ich noch kurz mit meinem Freund Felix noch fix die Grenze zu Deutschland um dann nach 21 regenreichen Tagen des Gehens mein Pilgerziel, den Dom zu Salzburg, zu erreichen! Dieser frühbarocke Monumentalbau ist wohl das bedeutendste sakrale Bauwerk der Stadt und auch für Nicht-Pilgernde einen Besuch wert.


Übernachten durfte ich an meinem letzten Pilgertag bei der Familie Barthel im Gasthof Fischachstub'n in Bergheim bei Salzburg. Ein hübscher kleiner Gasthof mit viel Liebe gestaltet und samt sehr nettem Gastgeber. Vielen lieben Dank für die Einladung!

BERGHEIM
Der 5'100 Seelen-Ort Bergheim liegt nur knapp 5km von Salzburg entfernt, am grünen Stadtrand und ist bequem per Lokalbahn oder Bus von Salzburg aus erreichbar. Eine gute Abwechslung für all jene, welche zwar den Trubel der Festspielstadt erleben wollen, jedoch das Übernachten an einem "Ruheplatzerl" zu schätzen wissen. Bergheim ist der ideale Ausgangspunkt für Spaziergänge, zum Mountain Biking, Schwimmen, etc. vor allem aber auch, um die Pilgerstätte Maria Plain zu besichtigen.

MARIA PLAIN
Maria Plain ist mit seiner Wallfahrtskirche, dem Kalvarienberg und den 15 Geheimnissäulen eine der beliebtesten Marien-Wallfahrtsstätten Österreichs und das Wahrzeichen Bergheims. Es ist nicht nur ein beliebter Ausflugsort für Einheimische und Touristen, sondern auch ein bedeutender Ort auf dem Österreichischen Jakobsweg.
Die 1674 gebaute Wallfahrtsbasilika wurde in den Jahren 2013/14 ausführlich restauriert und ist jetzt einmal mehr einen Besuch wert. Die Kirche gehört samt Kloster zur Erzabtei St. Peter in Salzburg und sie beherbergt viele Kunstarbeiten von bekannten Malern und Bildhauern.
Im daneben gelegenen Gasthof Maria Plain kann man zudem regionale Spezialitäten auf der Sonnenterasse mit Blick auf Salzburg geniessen. Dank der netten Führung von Bergheim Tourismus durfte ich hier die Original Mosshammer's Plainer Bratwurst nach altem Familienrezept essen und kann sie nur empfehlen! (Natürlich kann aber auch vegetarisch und vegan gespiesen werden.)

"Am Sonntagvormittag nach Maria Plain, nicht aus Andacht, sondern wegen der schönen Aussicht" - Mozart



GMACHL
Ein weiterer Tipp in Bergheim ist das Wellness Hotel Gmachl, welches zu Recht "Genussdorf" genannt wird. Hier durfte ich nach der Pilgerreise entspannen, damit der Körper genauso erholt ist, wie der Geist. Vielen Dank! Denn das Gmachl besteht aus mehreren Gebäuden mit Hotel, Wellness und Restaurant. Mit diversen Spas, Grotten, Hallenbädern, Outdoor Infinity Pool, uvw. ist das Gmachl der perfekte Ort, um sich auszuruhen.

SALZBURG
Übernachten kann in Salzburg insbesondere in der Festspielzeit etwas schwierig werden. Zwecks Unterkunft kann man sich bei der Jakobusgemeinschaft Salzburg (Tegetthoffstr. 11, 5071 Wals) Hilfe holen oder man wendet sich direkt an Salzburg Info. (Oder man macht es wie ich und sucht Unterschlupf in Bergheim.)
Mehr Infos über Salzburg und wieso die Altstadt zu Recht UNESCO Weltkulturerbe ist, findet ihr hier in einem separaten Beitrag zusammen gefasst: 48h in Salzburg!

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Nun ist die Zeit des Pilgerns, meine fünfte Jahreszeit, wieder vorbei. Der Weg hat mich viel gelehrt. Er hat mir gezeigt, wie klein ich und meine alltäglichen Sorgen sind.  Dass das Wesentliche in meinem Alltag in Zürich zu oft in den Hintergrund rückt. Er zeigt, dass die Natur mächtiger ist als der Mensch und dass wir nicht alles kontrollieren können. Er zeigt mir, dass wir die Erde zwar bewohnen, sie aber weder besitzen, beherrschen. Das Wandern lehrt mich nachhaltigeres Denken und verantwortungsvoller mit meiner Umgebung umzugehen.
Auf meinem Weg ist mir vieles bewusst geworden, was mir in meinem Alltag fehlt und worauf ich in Zukunft gerne mehr Acht geben bzw. verzichten möchte.
Aufgrund der Pilgerreise habe ich mich dazu entschieden, auf meinem Blog keine Fast Fashion mehr zu unterstützen, sondern den Fokus auf Fair Fashion, Nachhaltigkeit, Naturnähe und Minimalismus zu legen.


Danke! Danke liebe Beine und Füsse, dass ihr mich auf diesem Weg getragen habt! Ich habe zwar das Gefühl, dass ihr mich nun ein bisschen weniger mögt, dank Schrammen am Schienbein (Bürgersteig), Blutergüssen an den Knien (nasses, rutschiges Holz) und Blasen an den Füssen (fast 600km). Aber ich bin unfassbar froh, dass ich gesund bin und solch kleine Abenteuer erleben darf!

Danke! Danke an euch, welche ihr meine Reise psychisch und physisch begleitet habt! Ich teile meine Eindrücke immer gerne mit euch und freue mich über jede Reaktion. Besonders, dass sich auch dieses Jahr wieder einige entschlossen haben, es mir gleich zu tun, freut mich natürlich besonders! Ultreia!

Danke! Danke an die liebe Unterstützung von Österreich Tourismus, Tirol Tourismus und dem Tourismusverband Bergheim! Ich habe mich in Österreich rundherum wohlgefühlt!

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Du hast eine Frage zu meinen Pilgerreisen? Dann kommentiere unter diesem Beitrag oder schreibe mir eine Mail!

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Bis bald und buen camino an alle Pilgernden!
Steffi




PS: Es haben mich auch nach dieser Pilgerschaft wieder einige darauf angesprochen, welchen Camino ich denn empfehlen würde. Kurz: alle! Jeder hat seine eigenen Vorzüge und je nach Jahreszeit, Wetter, Mitpilgernden, etc. werdet ihr natürlich andere Erfahrungen machen als ich.
Gerne hinterlasse ich euch jedoch hier eine grob skizzenhafte Übersicht zu meinen bisherigen Reisen:

Camino Francés: sehr viele Pilger, Geselligkeit wird gross geschrieben, viele Restaurants, Bars und Übernachtungsmöglichkeiten, Planen ist nicht nötig, man findet immer was
Via Francigena: das beste Essen und die schönsten Städtchen, abwechslungsreiche Landschaft, die mückenreiche, langweilige Poebene könnte man sich sparen, sehr herzliche und offene Italiener_innen getroffen, guter Kaffee!
Caminho Portugues: die Meeresbriese und die Holzstege am Atlantik entlang sind unglaublich schön, ebenso, wie über die Grenze nach Spanien einzulaufen. Unterkünfte waren eher schwierig
Österreichischer Jakobsweg: Käsespätzle!, wunderschöne Landschaft (besonders um den Arlbergpass), Achtung: hier kann es oft regnen!, eher teurer im vergleich zu Spanien, Italien und Portugal, sehr offene und freundliche Menschen getroffen

PSPS: Lasst euch nicht von Zeitnot und Überorganisation leiten! Geht los und geniesst es!
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